1999 führte Porsche den wassergekühlten Neunelfer in den nationalen Carrera Cup ein. Die Anfänge gestalteten sich zunächst knifflig. Zur Premiere auf dem Sachsenring trat noch ein überschaubares Starterfeld an. Trotzdem diente der 911 GT3 Cup sieben Jahre lang als Markenpokal-Werkzeug, avancierte zum Dauerbrenner. Im ersten Jahr lehnte Profi Christian Menzel den Titelgewinn ein Rennen vor Schluss an eine Betonmauer – aus der Traum! 2005, der unwiderruflich letzten Spielzeit des 996, setzte er sich schließlich durch – und wie.

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© Carsten Krome Netzwerkeins

1999 – in Deutschland ein Jahrgang der überschaubaren Starterfelder. Zwar existiert mit der Super-Touren-Wagen-Meisterschaft (STW) eine erste Bundesliga. Doch ihre Anziehungskraft hält sich in Grenzen. Als auf dem Sachsenring der Startschuss in die Saison fällt, treten keine 20 Fahrer an. Auch der Carrera-Cup entspricht diesem Bild. Ein neues Arbeitsgerät ist eingeführt worden, das können sich anfangs nur die Top-Teams leisten. 350.000 D-Mark müssen für eine Spielzeit im 911 GT3 angesetzt werden – viel Holz! Obendrein setzt Porsche selbst den Maßstab hoch an. Ein eigenes Nachwuchsteam fährt mit. In Sachsen sitzen der damals 19-jährige Lucas Luhr und Dirk Müller in den Autos. Müller ist als Interimslösung aufgeboten worden, nachdem der Kölner Marc Basseng in der Vorwoche aus dem Kader entlassen worden ist. In Zweibrücken wird Dirk Müller den Platz plangemäß räumen für ein anderes Spitzentalent. Timo Bernhard steigt aus der Formel Ford auf.

Luhr ist seit Anbeginn dabei und verschafft sich einen Vorsprung. Als sein härtester Widersacher erweist sich Christian Menzel. Das ehemalige Kart-Ass glänzte in der Formel 3 und bei BMW im Tourenwagen. In Walter Eichins feuerrotem Neunelfer setzt er seine Karriere mit etwas Verspätung fort. Er steigt erst ab dem dritten Meisterschaftslauf im Motopark Oschersleben ins Geschehen ein. An den 370 PS starken Hecktriebler gewöhnt Menzel sich umso schneller, ein Phänomen jener Tage. Die Pirelli-Reifen arbeiten in einem schmalen Fenster. Sie sind verbindlich vorgeschrieben im Cup, erfordern ein großes Maß an Erfahrung. Deshalb testen vor allem die Werksjunioren unter beträchtlichem Einsatz an Material. Im Eichin-Lager hingegen ist das Budget klaren Grenzen unterworfen. Menzel kompensiert mit einer Unbekümmertheit, die er auch außerhalb des Cockpits an den Tag legt. Christian mies gelaunt zu erleben, ist praktisch unmöglich. Beim vorletzten Rennen übertreibt er seinen Ehrgeiz aber, lehnt sich in Hockenheim an eine Betonmauer an. Luhr cruist zum Titel. Er geht als jüngster Champ in die Cup-Geschichte ein, begründet einen Trend: Vollständige, zum Siegen bereite Professionals spielen an Lebensjahren bestenfalls in der Liga junger Studenten.

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Dies ermutigt ein ganzes Heer von Grünschnäbeln, ihr Glück im 286 km/h schnellen Porsche zu versuchen. Vielen fällt es schwer, den frühen Reifegrad eines Lucas Luhr zu erreichen. Vielleicht übersehen sie dabei, dass der Koblenzer bereits mit 16 in der Formel Ford überzeugt hat. Ohne aerodynamische Hilfsmittel, mit freistehendem Räderwerk. Auch Jörg Bergmeister muss durch die Tretmühlen des Formelsports, ehe er 2000 Meister wird. Timo Bernhard ist 2001 erst an der Reihe. Der Pfälzer muss seine (relative) Nervenschwäche ablegen, sich in einen ausgekochten Souverän wandeln. Als ihm dies gelingt, macht er auf dem Hockenheimring 2001 den Sack zu. Punktgleich mit Titelverteidiger Bergmeister ist er ins badische Motodrom gereist. Vier zu zwei Triumphe geben letztlich den Ausschlag. Nach einem Ausflug in die DTM mischt auch Christian Menzel wieder mit. Mit exakt 100 Zählern schließt er als Dritter ab. Er muss einige Pflichttermine auslassen, um in der American Le Mans Series anzutreten.

Seine Heimat ist und bleibt jedoch das Cup-Geschehen. 2002 dockt Christian Menzel bei einer Frohnatur an, zu der er passt wie ein Zwillingsbruder. Tolimit-Boss Hans-Bernd Kamps und sein Neuzugang ergänzen sich perfekt. Trotzdem steht ihr Ansatz im Schatten eines Fahrerquartetts, das ähnlich viel Klasse mitbringt. Der 2000 verpflichtete Werksjunior Marc Lieb macht sein Meisterstück und zieht Frank Stippler, Pierre Kaffer und Routinier Roland Asch in seinem Windschatten mit. Wie im Vorjahr kassiert Menzel 100 Zähler – der fünfte Rang. 2003 bleibt der Familienvater bei Tolimit, erhält in Klaus Graf einen guten, neuen Teamkollegen. Ausgerechnet Frank Stippler sichert sich nun Siege in Serie. Der Student aus Bad Münstereifel war 1999 für Hans-Bernd Kamps im Renntempo unterwegs gewesen. Menzel erreicht den sechsten Rang, verlängert bei Tolimit. Sein Punktekonto weist 2003 erstmals einen zweistelligen Wert auf. 2004 ist dies noch einmal so – der sechste Platz. Sein junger Stallgefährte Richard Lietz schlägt ihm als Gesamtvierter ein Schnippchen.

Moin liebe Freunde,wir laden Euch herzlich zum ersten Auftritt unserer neuen Firma, der cup classics GmbH im Rahmen des Saisonfinales der Porschefreunde nach Düsseldorf ein.Hans-Bernd, Paul, Kai und meine Wenigkeit freuen uns auf ein Getränk vor Ort mit Dir.Classische Grüße aus LohneJörg Michaelis

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Davon profitiert Tolimit in der Mannschaftswertung: Position zwei. Längst hat sich Christian Menzel als Teamplayer beliebt gemacht, der auch Pechsträhnen locker wegsteckt. Mit 34 Lenzen hat sich an seiner Einstellung zum Sport nichts geändert. Für den 911 GT3 Cup gilt das nicht. Porsche hat es verstanden, stets ein Quentchen mehr Technik freizugeben und so die Karten immer wieder neu zu mischen. Inzwischen ist der 3,6-Liter-Motor 390 PS stark, entfacht bei 6.500 Umdrehungen ein maximales Drehmoment von 390 Newtonmetern. Gegenüber der Serienversion sind die Gänge vier bis sechs im Getriebe kürzer ausgelegt worden, was die Beschleunigung verbessert. Sachs-Stoßdämpfer erlauben mannigfaltige Einstellungen. Sie sind in Zug- und Druckstufe zweifach justierbar. Dies bevorteilt die sensibleren Piloten im Feld. Ein anderer Reifen steht ebenfalls zur Verfügung. Statt Pirelli ist nun Michelin exklusiver Ausrüster. 1.150 Kilogramm Lebendgewicht sind auf Kunststoff-Fenster an den Seiten und im Heck zurückzuführen. Die Türen sowie der Motordeckel sind aus Kohlefaser gefertigt. Der große Heckflügel liefert 100 Kilogramm Abtrieb, der langstreckentaugliche Kraftstofftank fasst 89 Liter.

Kein Wunder, versuchen sich 2005 verstärkt auch Clubsportler auf höchster Ebene. Im Gegensatz zur Anfangszeit ist das Fahren im Cup berechenbarer geworden. Das weiß natürlich auch Christian Menzel, der jeden Fortschritt miterlebt und in der Ur-Version 1999 nach den Sternen gegriffen hat. Er legt seine ganze Routinie in die Waagschale – und ein starkes Titelrennen hin! Es ist der letzte Aufschlag des 996 und dem setzt er sein persönliches Denkmal. Mit dem Franzosen Nicolas Armindo im Nacken trägt er 132 Punkte zusammen und wird endlich Meister! Vier Laufsiege und ebensoviele Trainingsbestzeiten krönen seinen Weg. Im vierten Jahr der Zusammenarbeit erringt Tolimit ebenfalls die Teamwertung. Daran beteiligt sich Richard Lietz als Gesamtdritter. Im Nachfolgemodell, dem 997 Supercup, hat Christian Menzel parallel einen Grundstein für die Zukunft gelegt. Er triumphiert auf dem Nürburgring. Dabei ist die Umstellung alles andere als einfach. Denn während der aktuelle Renner über ein sequenzielles Getriebe und Kohlefaser-Bremsscheiben verfügt, entspricht sein Vorgänger noch dem Geist der Neunziger.

2006 schlägt Porsche das nächste Kapitel im Cup auf. Wird es wie 1999 ein überschaubares Starterfeld sein bei der 997-Premiere im Rahmen der DTM? Und: Wird auch Christian Menzel ins Geschehen eingreifen, um seinen Titel zu verteidigen?

© Carsten Krome Netzwerkeins

Porsche-Cup-Siegerwagen-Project1-FaecherAußerdem:

Schnelles Gelb: “Magic Menzel” und der Porsche 911 GT3 Cup (MJ 2003, Typ 996), #WPO ZZZ 99 Z3S 69 8147

https://www.netzwerkeins.com/2018/09/24/schnelles-gelb-magic-menzels-porsche-911-gt3-cup-mj-2003-typ-996-wpo-zzz-99-z3s-69-8147/