„Mobilität war für mich stets ein zentrales Thema. Ich wollte nicht einfach dasitzen und zuschauen, wie die anderen Kinder mit dem Roller oder Rad umherfuhren. Also fing ich damit an, meine eigenen Fahrzeuge herzurichten“ Dies sind Worte eines 54-Jährigen, der im bürgerlichen Leben auf den langen Namen Manfred Huber-Perez Moreno hört und zuhause in Oberbayern so bekannt ist wie der sprichwörtliche bunte Hund. Das gilt auch für seinen grün-gelben Porsche 911 T des Jahrgangs 1969, den er eigenhändig restauriert und auf Handbetrieb umgebaut baut. Eigenhändig – für den Gründer und Betreiber einer 300 Quadratmeter großen Werkstatt für klassische Automobile hat dieses Eigenschaftswort eine besondere Bewandtnis. Er hat patentierte Umbauten für Menschen mit Behinderung erschaffen. Sie machen es möglich, Sportwagen auch ohne Automatikgetriebe allein mit den Händen zu fahren. Dazu ist eine patentierte Mechanik notwendig, die „der Manni“ selbst ausgetüftelt hat. Korrekt sollte es heißen: austüfteln musste. Manfred Huber-Perez Moreno kam 1967 ohne Beine zur Welt. Unbeirrbar meisterte er seinen Lebensweg. Zwei Jahrzehnte nach der Einweihung seiner Oldiegarage in Ainring-Mitterfelden nahe der österreichischen Landesgrenze wünscht er sich nun den Wechsel: Ein Nachfolger soll gefunden werden. Jetzt. Hier.

Wos Gscheits zum beissn
Der Gründer der weithin bekannten Oldiegarage inmitten der schönsten Urlaubsregion Oberbayerns sucht einen Nachfolger.

„Da schau her, der Manni!” Man kennt ihn hier in Oberbayern, den Mann im grün-gelben Rennelfer von 1969. Er hat ihn wie so einen historischen GT-Boliden hergerichtet. Einige RS-Zitate verleihen dem 920 Kilogramm leichten und 230 PS leistenden Porsche 911 T seinen unverkennbaren Look. Einen lichten Anstrich weist auch seine Werkstatt, sein Lebenswerk auf. Am 17. Mai 2003 war der Umzug aus einem ehemaligen Kuhstall in den Neubau offiziell geworden. Zur Einweihung waren sie alle erschienen: Bürgermeister, Kunden, Freunde und der Herr Pastor natürlich auch. Manfred Huber-Perez Moreno schuf in Ainring-Mitterfelden sein eigenes, kleines Refugium inmitten einer der schönsten Urlaubsregionen Oberbayerns. Rossfeld, Königsee, Watzmann, Berchtesgaden, Salzburg und Gaisberg sind bloß einen Steinwurf entfernt. Oldiegarage heißt der Betrieb, den „der Manni“ konzipierte, zeichnete und schließlich baute. Er ist weit über die bayerischen Landesgrenzen hinaus bekannt. Das liegt an nicht zuletzt an einer Besonderheit des Gründers, der 1967 ohne Beine zur Welt kam und unbeirrbar seinen Weg ging. Vier Arbeitsbühnen, einen Raum für die groberen Gewerke, ein Büro, ein Hochlager und einen Ausstellungsraum für vier bis fünf Sportwagen beherbergt das kleine, feine (Schrauber-)Paradies nahe Bad Reichenhall. Zurzeit sind dort vier Fachkräfte mit Mechanik von gestern befasst – übrigens auch mit dem letzten Eiswagen der bayerischen Landesbahn, der vor seiner Umwidmung in eine ausgefallene Event-Location eine umfangreiche Aufarbeitung erfuhr. In der Woche nach Ostern hievte ein Schwerlastkran den frisch renovierten Waggon über den Zaun des 1.428 Quadratmeter großen Grundstücks.

Es geht auch kleinteiliger: Ein patentiertes Hebelwerk macht es Menschen mit Behinderung möglich, der Passion Oldtimer zu frönen. „Der Manni” hat es selbst ausgetüftelt, dem TÜV plausibel gemacht und in Kleinstserie aufgelegt. „Ende der neunziger Jahre”, berichtet der gelernte technische Zeichner und Feinmechaniker, „nannte ich den ersten Neunelfer mein Eigen. Die Gelegenheit kam zwar zum falschen Zeitpunkt, aber ich ergriff sie trotzdem. Schließlich musste ich mobil bleiben, wie schon zu Kinderzeiten”. Er konstruierte und feilte. Dann, nach knapp einem Jahr Entwicklungszeit, war die komplette Steuerung per Hand perfekt. „Die größte Hürde”, erinnert sich Manfred Huber-Perez Moreno, „war die zu straffe Kupplung”. Doch davon ließ sich der Erfindergeist nicht entmutigen: „Ich hatte es mir eben vorgenommen. Einmal rauschte ein Porsche 911 in ‚Blutorange’ vor meinen Augen durch eine Pfütze. Das Wasser schoss über mich hinweg. Ich war klatschnass bis auf die Haut. Doch ich schaute dem Wagen nur hinterher und schwor mir, eines Tages genau denselben zu fahren!” „Der Manni“ zog sein Vorhaben mit eiserner Konsequenz durch. Die vermittelt er nun auch anderen. Einige seiner Kunden sind Unfallopfer. „Ihnen gegenüber”, lautet die Analyse, „bin ich naturgemäß im Vorteil. Wenn du ohne Beine auf die Welt gekommen bist, kennst du es nicht anders.” Was er seinen Klienten mitgibt auf die erste Probefahrt? „Wer so plötzlich auf den Rollstuhl angewiesen ist, hat vor jeder ungewohnten Bewegung Angst. Ich versuche, einen Anstoß zu geben, sich ohne Zögern ins Auto gleiten zu lassen und Spaß zu haben – auf der knapp 1.600 Meter hohen Rossfeld-Panoramastraße und anderswo.“

Einen Rollstuhl hat „der Manni” immer schon besessen und im Laufe der Jahre immer häufiger genutzt. Virtuos verstaut er ihn im Vorderwagen seines Porsche, mit geübten Handgriffen entnimmt er ihn wieder – auch vor dem Ahornkaser, jenem höchstgelegenen, mit dem Auto erreichbaren Restaurant in Deutschland. Hoch oben, in alpiner Umgebung, mit dem Hohen Göll gegenüber, kommt Manfred Huber-Perez Moreno wieder ins Erzählen. „Als Jugendlicher”, reflektiert er, „besaß ich Prothesen. Aber die taugten nichts. Also habe ich sie mit dem Vorschlaghammer dahingerafft”. Mitleid wollte er noch nie, sondern zu Beginn des vorherigen Jahrzehnts sogar Rennen fahren – mit einem Porsche 911 T. Leuchtgrün sollte der zweite Neunelfer neben dem Exemplar in „Blutorange“ werden, das stand schon 2004 fest. „Warum sollte ich auf die Gaudi verzichten?”, fragte er schon damals. Am Berg hatte er sich bereits versucht. Seine Gangart war und ist schnörkellos. Am Volant seines Porsche freut er sich, wenn die Hinterachse auf einer Bodenwelle so ganz leicht versetzt. Virtous bedient er die kompliziert aussehende Handsteuerung, Gas gibt er mit einer Drehbewegung an einem knebelförmigen Hebel. Parallelen zum italienischen Rennfahrer Alessandro Zanardi sind unverkennbar. Der ehemalige Formel-1-Pilot verunglückte 2001 auf dem Eurospeedway Lausitz. Dabei verlor er beide Unterschenkel. Später saß er wieder in lukrativen Cockpits von BMW-Werkswagen, zudem gewann er mit seinem Handbike Gold bei den Paralympics. Zanardis Biographie mit dem Titel „My Life” war binnen weniger Tage vergriffen. Manfred Huber-Perez Moreno ist im Umgang mit Medienmenschen ähnlich geübt und gewandt. Einer der Filme über ihn heißt allen Ernstes „Tiefergelegt”.

Trocken kommentiert der Hauptdarsteller: „Ist mir während des Filmdrehs oben auf der Reiter Alm eingefallen. Von dort oben hat man einen herrlichen Blick auf Salzburg und den Nockstein.“ Das ist ein markanter Berg, der einer gleichnamigen Kehre des Salzburgrings den Namen gab. Von dort zur Oldiegarage sind es nur ein paar Kilometer. Sie zu verwirklichen, war nicht immer einfach. Denn als Manfred Huber-Perez Moreno fertig war mit seinen Berufsausbildungen, bewarb er sich bei Autohäusern und bei einem weltberühmten Tourenwagen-Rennstall. Postwendend kamen Absagen. Statt dessen verrichtete er acht Jahre lang bei der Sparkasse Bad Reichenhall einen Bürojob. „Nach Feierabend habe ich dann an Autos geschraubt, mit 29 machte ich mich selbstständig. Doch ich wollte keine Werkstatt irgendwo im Hinterhof, sondern wos Gscheits zum beissn!” Inzwischen sind die ursprünglich tiefschwarzen, kurz geschorenen Haare länger gewachsen. Auch haben sie einen Grauton angenommen. „Der Manni“ wirkt sympathischer und weiser denn je, das ursprünglich Harte, Kämpferische an ihm ist gänzlich gewichen. Er ist an einem Punkt angekommen, der einen Ausblick auf das abschließende Drittel seines Lebens erlaubt. Da wird der Mensch oft nachdenklich und wünscht sich einen Szenenwechsel. Was seine Oldiegarage betrifft, liegt da ein zentrales Kapitel. Die Leidenschaft, altes Blech und alte Technik wieder gangbar zu machen, fordert vor allem Kraft und Energie. Von der Rossfeld-Panoramastraße zurückgekehrt nach Ainring-Mitterfelden, sagt er: „Ich habe jetzt 54 Jahre auf meinen Händen. Vielleicht habe ich sie mehr in Anspruch nehmen müssen als manch anderer.“ Die Konsequenz: Er sucht einen Nachfolger, der nun in sein Lebenswerk eintritt – keinen Pächter, keinen Mieter, keinen Partner, sondern einen Käufer.

Aber würde er, der überall im ganzen Land bekannte Macher, überhaupt aufhören können? Er hat vorgesorgt, sich auf der österreichischen Seite ein altes Gehöft zugelegt. Dort lebt er nun, der Sicherheitsabstand zu seiner Oldiegarage beträgt 30 Autominuten. Er führt vorbei an einer Gesteinsformation, die er die „liegende Hex“ nennt. „Du siehst die Konturen deutlich – Augen, Nase, Mund, Brust“. Er kann sich vorstellen, nach dem Rückzug aus seinem Betrieb noch eine Weile zu pendeln – als Ratgeber, bis sein Nachfolger Fuß gefasst hat. Freilich muss der sich erst einmal finden, handwerkliche und wirtschaftliche Voraussetzungen mit in die Gespräche bringen. Der Standort unweit von München und in Reichweite vieler touristischer Glanzpunkte könnte idealer kaum sein. Eine Ausbauoption besteht auch – neben einer Dachgeschosswohnung mit Blick auf die umliegenden Berge und fünf Garagen mit Teilelager kann das 1.428 Quadratmeter große Eckgrundstück noch weiter ausgebaut werden. An eine immer beliebtere Umwidmung hat „Der Manni“ offenbar noch nicht gedacht. Seine Oldiegarage könnte auch die diskrete Heimstatt einer Automobilsammlung mit Wohn- und Servicemöglichkeit im eigenen Haus werden – fürwahr ein kleines Paradies in illustrer Nachbarschaft. Denn Hans Peter Porsches Traumwelten sind nur wenige Kilometer entfernt in Anger zu finden. Sorge vor möglichem Abschiedsschmerz lässt der Protagonist nicht durchblicken: „Es war eine geile Zeit hier draußen, aber irgendwann ist sie für mich vorbei.“ Das Rennen ernsthafter Interessenten ist eröffnet.

Text und Fotografie: Carsten Krome, netzwerkeins GmbH

Direkter Kontakt zur Oldiegarage GmbH: https://www.oldiegarage.de/

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