Der Eidgenosse René Ruch war bereits im Rennsport aktiv, als er noch als Rennmechaniker mit seinem Schweizer Landsmann Ruedi Eggenberger zu den Schauplätzen der Tourenwagen-Europameisterschaft unterwegs war. Damals, zu Beginn der achtziger Jahre, hießen seine Klienten Helmut Kelleners, Enzo Calderari oder Umberto Grano – allesamt große, klangvolle Namen. Auf Eggenbergers Angestellten, der sich später mit einer freien, unabhängigen Sportwagen- Werkstatt selbstständig machte, hatten die Prominenten am BMW-Volant einen nachhaltigen Eindruck. Heute fährt der Namensvetter des Berliner Mustang-Treters Gerd Ruch selbst seine Rennen, selbstverständlich mit einem Klassiker vom Münchner Petuelring. Der Weg dorthin führte auf Umwegen und – wie könnte es bei einem Alpenländer auch anders sein? – über die Berge.

6. August 2016, Uphöfener Berg bei Hilter-Borgloh im Osnabrücker Land: Entlang einer alten, langen Allee haben sich tausende Zuschauer des alljährlich in der Borgloher Schweiz stattfindenden Osnabrücker Bergrennens versammelt. Der malerische Landstrich im Süden Niedersachsens heißt tatsächlich so – und das zieht eine Abordnung Schweizer Bergrennfahrer in den Bann der dort verlaufenden “Osning-Route”. Auch René Ruch gehört dazu. Der Eidgenosse pilotiert einen Ferrari F355, ein ehemaliges Challenge-Fahrzeug, in der Kategorie der modifizierten Produktionswagen. Das Besondere am roten Renner aus Maranello: ein englischer Zytek-Langstreckenmotor, ein aggressiv tönender Achtzylinder. „Mit meinem Original- Ferrari-Treibsatz war ich irgendwann am Ende“, begründet der Inhaber einer freien, markenunabhängigen Sportwagen-Werkstatt, „und in meiner Wertung rüsten die Jungs immer weiter auf. Jedes Jahr kommt ein Neuer, der die Latte wieder höher legt.“ Inzwischen ruht der Italo-Flitzer mit dem britischen Herzen unter einer Plane in der Sportgarage, die René Ruch seinen Betrieb im Berner Oberland zu nennen pflegt. Er hat eine nachhaltigere Leidenschaft gefunden, einen BMW M3 der legendären Baureihe E30. Er fährt damit, wie der Name schon sagt, in der Rennsport-Serie „Tourenwagen Legenden“.

Angefangen hat alles mit einer Inzahlungnahme. Ein Landsmann interessierte sich für einen Ferrari aus Ruchs Auslage und handelte den Sonderaufbau seines BMW M3 E30 im Endstand-Trimm der DTM 1992 ein. Die 2,5-Liter-Version mit fest eingeschweißter Sicherheitszelle basierte auf einem Straßen-M3 und enthielt so ziemlich alles, was schnell und schön macht. Dennoch revidierte Ruch den Neuerwerb und machte den Renntourenwagen startklar. „Mir kam die Zeit in San Gimignano wieder in den Sinn, als ich für Gabriele Rafanelli und dessen BMW-Werksteam Bigazzi tätig war – meine nächste berufliche Station nach meinen Jahren mit Ruedi Eggenberger.“ An die Herausforderung Rundstrecke tastete er sich 2017 über das “Tourenwagen Revival” heran. Die Gleichmäßigkeitsprüfungen unter der Federführung von Alexander Ferreira gefielen ihm – und irgendwann war die Zeit reif für das, was René Ruch „richtige Competition“ nennt. Beim Oldtimer-Grand-Prix auf dem Nürburgring feierte er seinen Einstand und fand Gefallen am historischen Tourenwagen- Rennsport. „Diese Autos sind ursprünglich einmal für Profis gebaut worden“, schätzt er realistisch ein. „Natürlich holen die alten Original-Fahrer auch heute noch viel mehr aus so einer DTM-Version heraus. So ganz einfach zu fahren sind diese Autos nämlich nicht, sondern richtig speziell.“

Auf ein Antiblockier-System verzichtete Ruch zunächst ebenso wie auf die DTM-spezifischen Achsen. Auch einen Reservemotor besitzt er nicht. „Wenn es mich erwischt, habe ich erst einmal Pause“, orakelt der Hobby-Rennsportler, der für ein “Legenden”-Wochenende wie das auf dem Lausitzring 2021 und 2022 annähernd 1.000 Kilometer einfachen Anfahrtsweg auf sich nimmt – vom Berner Oberland mit Bergriesen wie Eiger, Mönch und Jungfrau bis kurz vor die Tore Berlins. Er hat sich darauf eingestimmt, auch in dieser Saison wieder auf große Fahrt zu gehen: mit deutlich mehr als 300 PS, in der lebhaft umkämpften Klasse 2. Vielleicht kann er die vielen Fahrerkollegen mit ihren Mercedes-Benz 190 E 2.5-16 herausfordern und weitere Farbe ins Geschehen bringen. So oder so ist der Routinier mit der bewegten Tourenwagen-Vita eine Bereicherung im rasenden Geschichtsbuch der DTM in ihrer ursprünglichen, klassischen Form – man darf gespannt sein.

Verantwortlich für den Inhalt: Carsten Krome Netzwerkeins

Fotografie: © Farid Wagner, pitwall media

 

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