werk1 road.trip | reisefieber auf unseren traumstraßen
durch das allgäu und nach vorarlberg
Von Sonthofen über den Riedbergpass nach Au im Bregenzerwald und weiter über den Hochtannbergpass (92 Kilometer)
Einkehrschwung nach Westen: Der Riedbergpass eröffnet neue Perspektiven – um den Allgäuer Hauptkamm in den Bregenzerwald und weiter ins Lechtal
Wie ein Sperrriegel steht der Allgäuer Alpen-Hauptkamm hinter Oberstdorf am Horizont. Weit über 2.500 Meter ragen die Felstürme der Bergriesen in den Himmel. Der Heilbronner Weg verbindet sie miteinander. Dieser kühn angelegte, hochalpine Pfad führt bis in die unmittelbare Nähe von Trettachspitze und Mädelegabel, den Wahrzeichen der Region. Beide Erhebungen sind nicht die allerhöchsten – der Große Krottenkopf hat ein paar Höhenmeter mehr zu bieten. Dennoch sind sie so etwas wie zu Stein gewordene Diven: wunderschön, anziehend und abweisend zugleich. Wer auf ihren Gipfeln stehen will, muss ein konditions- und willensstarker Berggeher sein. Wem es wichtiger ist, ihre Aura mit gebotener Distanz zu erleben, kann sie ganz einfach mit dem eigenen Sportwagen umfahren – über eine intelligent geschwungene, an Kilometern nicht allzu weite Autostraße. Diese führt gleich hinter Sonthofen auf 1.420 Meter Meereshöhe. Bevor sich mit dem Riedbergpass ein Eldorado besonders leidensfähiger Radsportler eröffnet, geht es zunächst beschaulich zu. Nach zwei Kilometern ist der Ortsausgang Sonthofens erreicht, nach weiteren 5,5 Kilometern (oder insgesamt elf Minuten) führt der Weg durch Fischen. Es ist eine liebliche Sommerfrische, der es im unmittelbaren Vergleich mit mancher Nachbargemeinde ein wenig an Brisanz fehlt. Mit ausreichendem Sicherheitsabstand grüßen Nebelhorn und “raues Horn”, das Rubihorn. Wirklich spannend wird es bei Kilometer 9,5 – dem Eintritt in die Beslerstraße. Kartographisch profan trägt sie die Bezeichnung “OA9”, und mit dem Schwenk in Richtung Westen beginnt allmählich der Anstieg auf die Passhöhe. Tief eingeschnitten beginnt das Tal, und es ist mehr als beeindruckend, den Radfahrern bei ihrer Pedal-Arbeit zuzusehen. Bei Kilometer elf beginnt das Kurven-Stakkato, das fünf Kilometer andauert und zuletzt auf 40 km/h Höchstgeschwindigkeit limitiert ist. Auf der Passhöhe öffnet sich zur rechten Hand ein kleines Freizeit-Zentrum mit Gastronomie, Lift, Kinderspielplatz und vielem mehr. Die Atmosphäre ist für eine Anlage dieser Größenordnung überraschend ruhig. Sie lädt zum Verweilen ein, auch wenn 16 Kilometer Gesamtstrecke wahrlich überschaubar sind. Sportwagen-Clubs sind häufig hier oben anzutreffen. Manche treffen sich zum Gruppenbild unter freiem Himmel, andere legen auf ihrer (Tages-)Reise an den Bodensee eine Pause ein. Die sich anschließende Fortsetzung der Tour bietet bis zur Einreise nach Österreich bei Streckenkilometer 27 sportliche Akzente. Bergab geht es, auch schwungvoll ums Eck, und wer es darauf anlegt, tritt das Bremspedal im Laufe der Zeit immer tiefer in Richtung Bodenblech. Vernunftbegabtere Wesen erfreuen sich an einem Landschaftsbild, dem eine gewisse Harmlosigkeit nicht abzusprechen ist: grüne, wellige Matten säumen die Strecke, ein wenig wie im Bundesland Kärnten am Rande der Nockalmstraße. Dort ließ Ferry Porsche einst den Ernstfall erproben, besonders gern in grimmigsten Wintern auf der Turracher Höhe. Solches ist von der Allgäu-Route, die hinunter führt vom Riedbergpass in die Gemeinde Hittisau bei Kilometer 35 – der Chronograph zeigt 48 Minuten Fahrtzeit an – nicht überliefert.
Darf ich bitten? Auf zum Tanz der tausend Kurven! Spannend wird es bei Kilometer 35, dem Ortsausgang von Hittisau, mit dem Eintritt in die Bundesstraße 205
War die Route vom Riedbergpass bis hierher eher entspannt, so wird es nun knackig. Mit der Einfahrt in die Bundesstraße 205, noch in Hittisau, reiht sich eine Kurvenfolge an die nächste. Es gilt eine strikte Geschwindigkeits-Begrenzung, um dem gehobenen Anforderungsprofil gerecht zu werden. Der weitere Reiseweg führt durch die Ortschaften Lingenau (Kilometer 39, 55 Minuten Fahrtzeit bis hierher), Gschwend und Egg (Kilometer 41, 57 Minuten Fahrzeit), bis nach 63 Kilometern (eine Stunde und 25 Minuten) der Schnepfauer Tunnel erreicht ist. Bis zum Zwischenziel, Au im Bregenzerwald, sind es jetzt noch fünf Kilometer. Die auf 800 Metern über dem Meer gelegene, vom Tourismus geprägte 1.703-Seelen-Gemeinde lädt zum Übernachtungsstopp ein. Die Hotellerie ist nicht nur auf Sport und Wellness ausgerichtet, zumal das Skigebiet zu Füßen des Diedamskopfes (2.090 Meter) in unmittelbarer Nähe liegt. Häuser wie das Hotel Adler gelten im positiven Sinne als außergewöhnlich. Wie viele andere Flecken im Allgäu oder hier, im österreichischen Bundesland Vorarlberg, bietet Au im Bregenzerwald die Vorzüge einer Ganzjahres-Destination. Sie empfängt ihre Besucher im Sommer wie im Winter. Letzterer kann überdurchschnittlich schneereich sein, und ein Abstecher über die B193 ins nahegelegene Damüls (1.428 Meter) führt geradewegs hinein in den Skizirkus. Da wir jedoch unsere kleine Alpen-Durchquerung fortsetzen wollen, orientieren wir uns zunächst an der B193 in Richtung Lechtal. Nach 200 Metern erwarten uns die B200 und mit ihr neue Kurvenkombinationen. Schoppernau (Kilometer 72, 1.29 Stunden Fahrzeit) und Schröcken (Kilometer 82, 1.40 Stunden Fahrzeit ) laden zur Rast ein. Andererseits sind es nur noch fünf Kilometer bis zum Hochtannbergpass. Diese streckenweise überbaute Hochgebirgsstraße führt bis auf 1.676 Meter Meereshöhe empor. Sie verbindet die Bregenzer Ach bei Schoppernau mit dem Lechtal bei Warth. Oben auf der Passhöhe beeindruckt der Ausblick auf den Großen Widderstein (2.533 Meter), den Schlussberg des Kleinen Walsertals auf der Allgäuer Seite. Interessanterweise beginnt der Normalweg auf den Gipfel gleich hier oben, am Hochtannbergpass, und der Erstbesteiger soll ein Geistlicher der Gemeinde Schröcken im Jahr 1664 gewesen sein. Wie dem auch sei – wer die Atmosphäre einer hochalpinen Bergunterkunft liebt, kann zu Fuß in rund einer Stunde Gehzeit die Widdersteinhütte auf 2.009 Metern Meereshöhe erreichen. Diese Wanderung ist aufgrund der günstigen Ausgangshöhe ideal zum Akklimatisieren geeignet. Die Höhenanpassung erfolgt aufgrund der geschwungenen, an Kilometern wahrhaftig nicht langen Autostraße bis hinauf auf den Hochtannbergpass in gemächlichem Tempo. Körper und Geist haben genügend Zeit, ganz oben anzukommen. Auf einer weitläufigen Hochebene sollte eine längere Fahrtunterbrechung einkalkuliert werden, um das eindrucksvolle Landschaftsbild in all seiner Intensität aufzunehmen und die Steiganlage auf den Widderstein zu studieren. Wer ein Fernglas dabeihat, entdeckt vielleicht sogar Alpinisten, die dem höchsten Punkt entgegenstreben.
Ausfahrt aus der Hochtannbergpass-Galerie, Ankunft in Warth (1.495 Meter): Sie haben vielleicht noch nicht Ihr Tages-, aber zumindest Ihr Etappenziel erreicht!
92 Kilometer Fahrstrecke ab Sonthofen und annähernd zwei Stunden reine Lenkzeit: Wer das Volant nun aus der Hand geben will – und sei es aus Rücksichtnahme auf die Begleitung auf dem Beifahrersitz – findet in Warth ein Refugium vor, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Das beste Haus am Platz, das Hotel Walserberg, verbindet Vier-Sterne-Komfort mit der Abgeschiedenheit eines Bergdorfes am Tor zum Lechtal. Wer mit der Weiterfahrt über Lechleiten nach Holzgau noch warten möchte, kann in Richtung Süden einen Ausflug nach Lech, Zürs und über den Flexenpass nach Sankt Anton unternehmen. Der Phantasie sind so gut wie keine Grenzen gesetzt. Und wer einen relevanten Gipfel am Heilbronner Weg erklimmen will, hat in Warth auch dazu die Gelegenheit. Bis auf 2.599 Meter Meereshöhe führt der Biberkopfsteig, der gleich hinter dem Gasthof Alpenrose (nur für alpin Geübte, drei Euro Parkgebühr bereithalten!) beginnt. Empfehlenswert ist die Einbindung der Rappenseehütte (2.091 Meter) in diese Tour. Die Alpenvereinshütte liegt im Südosten des Allgäuer Hauptkamms. Mit 304 Schlafplätzen ist sie die größte aller 327 Herbergen des Deutschen Alpenvereins. Sie ist die klassische Übernachtungsadresse all jener, die den Heilbronner Weg angehen. Und auch das Hohe Licht (2.651 Meter) ist von Warth aus über ein Hochalptal erreichbar. Zurück am Ausgangspunkt, rufen Holzgau im Lechtal und das kleine Bergsteigernest Hinterhornbach – dazu mehr im dritten Teil unserer Allgäu-Schleife!
Verantwortlich für Inhalt, Fotografie und Grafik: netzwerkeins GmbH, Carsten Krome

#AlpineCruising
Achtung, die Route enthält Grenzübertritte! Die my Heaven Eleven Tour. Erlebnisrunde unter (Sportwagen-)Freunden. Durch Allgäu, Tirol und Vorarlberg, zweiter Teil.