Die Schlagzeilen:

Stefan Rupp sichert sich mit dem Alfa Romeo 155 V6 ti ITC den ersten Saisonsieg, Thorsten Stadler baut seine Tabellenführung aus

35 Starter bieten den 46.000 Zuschauern des 45. AvD-Oldtimer-Grand-Prix hochklassige Unterhaltung und Kampfszenen wie einst

Gianfranco Brancatelli (57) als Gesamtvierter beste DTM-Legende mit dem Ford Sierra RS 500 Cosworth, Roland Asch (66) Gesamtachter

Klassensiege für Stefan Rupp, Gianfranco Brancatelli, Michael Lyons, Yannik Trautwein (beide BMW) sowie Jannis Bernd (Mercedes)

Auf Regen folgt Sonne – diese schlichte Erkenntnis traf auch auf den vierten Wertungslauf der Tourenwagen Classics zu, die im Rahmen des 45. AvD-Oldtimer-Grand-Prix auf dem Nürburgring gastierten. Beide Trainingstage gingen bei schlechten Wetterverhältnissen über die Bühne, was aus rein sportlicher Sicht für einige Überraschungen sorgte. So platzierte der Rallye-Spezialist Anton “Toni” Werner den erstmals eingesetzten Audi-80-Prototypen aus der Zeit zwischen den DTM-Jahren 1992 und 93 auf der Pole-Position des Trainingsbesten. Neben dem Allradantrieb und der offensichtlichen Expertise, sicher und schnell zugleich auf nassem Asphalt zu sein, spielte nicht zuletzt ein hervorragend eingestellter Audi-Turbomotor eine tragende Rolle. Sporthistorischer Hintergrund: Bevor Alfa Romeo 1993 mit dem 155 GTA in die DTM-Klasse 1 einstieg, war der Mailänder Hersteller zunächst mit einem Turbomotor in der italienischen Meisterschaft werksseitig vertreten. Zu dieser Zeit diskutierten fünf beteiligte Marken, neben Alfa Romeo auch Audi, BMW, Mercedes-Benz und Opel, über das künftige Klasse-1-Reglement, nicht zuletzt Turbomotoren waren eine Variante inmitten der Projektphase. Letztlich wandte sich Audi nach der Erstellung zweier Prototypen der französischen Meisterschaft zu, während der Turbomotor in der DTM nicht zum Tragen kam. Die Konsequenzen: Alfa Romeo war zum Motorenwechsel gezwungen, Audi und zunächst auch Opel wandten sich anderen Zielen zu. Anton Werner, bereits im Besitz exklusiver Rallye-Boliden von Audi, erklärte, einen der beiden DTM-Prototypen in Schweden entdeckt zu haben. Ein Vierteljahrhundert nach deren Entstehung reaktivierte er einen Testträger und legte eine auf den ersten Blick erstaunliche Performance an den Tag. Nicht ganz so überraschend war der zweite Trainingsrang des anderen Favoriten aus Landshut im 35-Wagen-Feld: Stephan Rupp stellte den ebenfalls mit Allradantrieb ausgestatteten Alfa Romeo neben Anton Werner in die erste Startreihe. Weniger erfreulich verlief das Abschlusstraining für Ralph Bahr (47) und Gaststarter Harald Grohs (73) mit dem Vogelsang-BMW M3 E30 des Jahrgangs 1987. Ralph Bahr, zu diesem Zeitpunkt noch einer der Titelanwärter, kam – an selber Stelle wie bereits Harald Grohs im Zeittraining tags zuvor – von der rutschigen Piste ab und konnte, anders als der ehemalige DTM-Pilot, einen Leitplankenkontakt nicht vermeiden. Da eine Reparatur vor Ort unmöglich zu sein schien, verzichtete die ProAm-Kombination schlussendlich auf die Teilnahme. Diese Ausgangslage hätte Jens Böhler in die Karten spielen können. Doch auch für den Marburger Augenoptiker-Meister kam es mit dem BMW M3 E30 Gruppe A ganz anders.

Der Rennsonntag brachte einen Wetter- und Stimmungswechsel mit sich. Bei strahlendem Sonnenschein ging ein 33-Wagen-Feld auf die 40 Minuten lange Reise. Zu den Zaungästen zählten die Schweizer Tuner-Eminenz Ruedi Eggenberger (79) und DTM-Legende Armin Hahne (62), der ebenfalls einem Engagement bei den Tourenwagen Classics, vielleicht schon in vier Wochen, ins Auge sieht. Vor den Start feierten Hahne und Gianfranco Brancatelli, ehemals Teamkollegen bei Ford, ein emotionales Wiedersehen. “Branca” erzählte, die letzten zwölf Jahre in keinem Renncockpit gesessen zu haben. “It all comes back to you”, versprach er dem alten Weggefährten aus dem Ford-Werksteam in der DTM 1989. Um es vorwegzunehmen: In den darauf folgenden 40 Rennminuten untermauerte Brancatelli die eigene Theorie, mischte als Solist munter mit und brachte das Sammlerstück eines offenbar reiselustigen Neuseeländers an vierter Gesamtposition ins Ziel – das beste Resultat eines DTM-Stars an diesem Wochenende. Weniger segensreich verlief die Fahrt für Marc Hessel (52). Der Mitveranstalter der Tourenwagen Classics überließ Fahrzeugbesitzer Stephan “Pipo” Piepenbrink im BMW M3 E30 zunächst den Vortritt. Als dieser jedoch nach der ersten Rennhälfte zum Fahrerwechsel an die Box kam, vermeldete er rapiden Spannungsabfall. Anderthalb Runden nach der Übernahme rollte Hessel stromlos im Bereich der Ford-Kurve aus. Zu diesem Zeitpunkt notierte die Rennleitung den elften Umlauf, dieser wurde Pole-Setter Anton Werner ebenfalls zum Verhängnis. Der Audi-Pilot erfreute sich nur kurz seiner Führung, ehe  Stephan Rupp ihn passierte und sofort einen Abstand zwischen sich und seine Verfolger legte. Seine Führung sollte er bis ins Ziel nicht wieder abgeben – der erste Saisonsieg, Knoten geplatzt. Hinter ihm platzierten sich die beiden Mercedes-Benz-C-Klassen von Intax Motorsport, pilotiert von Jörg Hatscher auf Rang zwei und Thorsten Stadler als Drittplatziertem. Speziell der 47-jährige Norisring-Sieger Stadler agierte taktisch klug, sammelte wichtige Meisterschaftspunkte und führte im Rennen um den Titel eine Vorentscheidung herbei. Denn nicht nur Ralph Bahr ging in der Eifel leer aus: Mit Richard Weber – am Norisring noch Dritter – fehlte ein weiterer Mitfavorit. So lag es an Jens Böhler mit dem 1988er BMW M3 E30 Gruppe A, aufgebaut vom Rallye-Spezialisten Markus Moufang, den Abstand zu verkürzen. Die 280-PS-Version im französischen Design der Garage du Bac kroch auf den letzten Metern regelrecht um den Kurs. Jens Böhler schleppte sich ins Ziel, er betrieb damit Schadensbegrenzung. Statt dessen freute sich der Niederländer Marc Seesing nach langer, Elektronik-bedingter Durststrecke, als Gesamtneunter über den Nimbus des besten BMW M3 E30. Thorsten Stadler musste freilich auch er ziehen lassen. Bei den beiden verbleibenden Partien auf dem Nürburgring und auf dem Hockenheimring kann der ehemalige Seemann in der 1994er C-Klasse von Ellen Lohr den Sack zumachen. Spannende Positionskämpfe zwischen den Gruppe-A-Klassikern von Ford, BMW und Opel unterstrichen, dass bei jedem der sechs Wertungsläufe solide gepunktet werden muss, um Titelansprüche anzumelden. Klassensiege in Verbindung mit einer zählbaren Position in der Gesamtwertung sind die Garanten dafür. Als Gesamtfünfter und Klassenbester im STW-BMW 320i setzte Yannik Trautwein einen besonderen Akzent. Der Youngster profitierte von einem Wochenende voller Höhen und Tiefen, das Steffan Irmler und Volker Strycek mit dem Opel Astra STW durchlebten. Nach einem Abwurf des Zahnriemens im Freitagstraining brillierte Strycek am Samstag mit dem zehnten Startplatz. Doch bereits nach zwei Rennrunden am Sonntag stellten sich Elektronikprobleme ein. Der Sportsgeist ließ das Opel-Duo trotz eines zwischenzeitlich abstellenden Motors weitermachen, auf dem fünften Klassenrang kämpften sie sich ins Ziel. An siebter Gesamtposition setzte sich der nächste Klassensieger fest: Michael Lyons mit dem pechschwarzen BMW 635 CSi Gruppe 2 aus Großbritannien. Der Gaststarter von der Insel führte eine ganze Armada enthusiastischer Neuseeländer und Briten an, die mit ihren schönen Original-Fahrzeugen einfach mal dabeisein wollten – die Online-Medien machen solches heute möglich. Einfach mal dabeisein – das wollte auch Olaf Manthey (62) mit dem BMW 635 CSi Gruppe A der Gebrüder Schumann. Anfangs begab sich der Bonner auf die Verfolgung des englischen “Sechser-Coupés” vor ihm, ein Schaden an der Hinterachs-Aufhängung warf ihn jedoch zurück. Nach zwölf Runden zog Peter Schumann den 1983er Gruppe-A-Tourenwagen zurück. Da war Roland Asch mit dem Ford Sierra RS Cosworth von Volker Schneider schon besser bedient. Obwohl der Schwabe in so manches Scharmützel verwickelt war, kam er an achter Stelle an. Ein Muster an Effektivität war wieder einmal Jannis Bernd, Sieger der Klasse 5, an 15. Stelle der Gesamtwertung. Der Daimler-Mann pilotiert eine schnörkelos-seriennahe DTC-Version des Mercedes 190E – eine kosteneffiziente Alternative zu den Hochkarätern aus den großen Zeiten der DTM, ITC und STW.

Das Rennprogramm der Tourenwagen Classics setzt sich am zweiten Wochenende im September, einmal mehr auf dem Nürburgring, fort. Die heutige DTM bildet bereits zum dritten Mal in diesem Jahr den Rahmen.

Verantwortlich für den Inhalt: Carsten Krome Netzwerkeins