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Gerade erst 20 und schon am Ziel: Martin Tomczyk genießt in der DTM 2002 an den Status eines Werksfahrers. Original-Archivbild: DUNLOP Motorsport.

Mit 19 schon Audi-Werkspilot in der DTM, mit 20 bereits Sieger beim Saisonauftakt 2002 auf dem Hockenheimring: die Rennfahrerkarriere des Martin Tomczyk lief vor mittlerweile 18 Jahren wie am Schnürchen. Viele seiner Fans waren natürlich auch Anhänger der Ingolstädter Marke Audi. Darum gab sich der Rosenheimer beim Großen Preis der Tourenwagen am 26. August 2002 auf dem Nürburgring ausnahmsweise einmal nicht als Steuer-Mann, sondern als angehender DTM-Kolumnist die Ehre. Hier ist sein authentischer Bericht direkt aus dem Cockpit des Abt-Audi TT-R, vor Ort aufgezeichnet von Carsten Krome und nun im O-Ton wiederveröffentlicht.

Grüßt Euch, liebe Audi-Freunde! Wahrscheinlich kennen mich viele von Euch bereits. Trotzdem möchte ich mich noch einmal vorstellen. Ich heiße Martin Tomczyk, bin 20 Jahre alt und seit der Saison 2001 für das Team Abt Sportsline Junior in der DTM unterwegs. Mein Einsatzgerät: ein gelber Audi TT-R, der dem des Titelanwärters Laurent Aiello entspricht. Zurzeit liege ich in der Tabelle sieben Plätze hinter ihm. Drei Zähler verdanke ich meinem Sieg im Qualifikationsrennen auf dem Hockenheimring. Zum Auftakt gleich ein solcher Erfolg – meine Erwartungen hat das übertroffen. Aber für schöne Momente wie diese gilt, was auf die übrigen Seiten des Rennfahrerlebens ebenso zutrifft: Man wächst da hinein!

Seit dem Jahr 2000 konzentriere ich mich voll auf meinen Sport. Vorher hatte es gegolten, eine Ausbildung zum Bürokaufmann zu absolvieren – sicher ist sicher. Parallel war ich zunächst im ADAC Formel Junior Cup angetreten, später dann in den deutschen und portugiesischen BMW-Formel-ADAC-Meisterschaften. Im sonnigen Süden fühlte ich mich am wohlsten, wurde Gesamterster und qualifizierte mich so für die Formel 3. Mit meinen 1,87 Metern Körperlänge fiel es mir nicht leicht, im engen Cockpit ausreichend Platz zu finden. Es wurde dennoch ein lehrreiches und für meine Karriere wesentliches Kapitel. Im KMS-Rennstall erfuhr ich viel über die sensible Abstimmungsarbeit an einem Profi-Gerät.

Positiver Nebeneffekt: der vierte Platz in der Rookie-Wertung – und ein überraschender Anruf mitten im Winter. Eigentlich war die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit KMS bereits vertragsreif gewesen, als Abt Sportsline und Audi mir ein Angebot als Werkspilot vorlegten. Meine Aufgabengebiete: die komplette DTM-Saison im TT-R, dazu Roll-Outs mit dem R8-Sportprototypen für die American Le Mans Series. Ich habe sofort zugesagt – welcher junge Mensch würde sich eine solche Chance entgehen lassen? Natürlich erlaubt eine Aufgabe wie diese keinerlei Kompromisse, schließlich gibt es genug zu tun – die DTM lastet mich an 270 Tagen im Jahr voll aus. Wenn ich einmal nicht zu Rennveranstaltungen, Presseterminen oder Tests unterwegs bin, pflege ich zuhause in Rosenheim meine Fitness.

Außerdem lasse ich mich häufig bei meinem Team in Kempten sehen. Die zwei Stunden Fahrzeit nehme ich gerne auf mich – gerade für Nachwuchsleute ist es sehr wertvoll, so viele Informationen wie möglich zu sammeln. Man sollte sich hin und wieder vor Augen führen, dass ich noch 1997 in einem Pop-Kart um die Kurven geflitzt bin. Es war ein schneller Weg durch die einzelnen Klassen – jedes Jahr kam ich eine Kategorie höher, bis zu meiner DTM-Ankunft als 19-Jähriger. Meine Strategie: Ich versuche, das Vertrauen in mich durch Leistung zu bestätigen. Leider hat das 2002 nicht immer funktioniert – Tourenwagenrennen sind harter Kontaktsport und Feindberührungen unvermeidbar. Manche verstehen es dennoch, auf einem hohem Niveau fair zu fighten.

Meine Zeit in den ADAC-Formeln hat mir die frühe Erkenntnis mitgegeben, dass jede Berührung eine zuviel ist. Macht sich ein Rad selbstständig, ist in jedem Einsitzer Feierabend. In der heutigen DTM sieht das nicht anders aus, obwohl unser Audi TT-R zumindest optisch Seriennähe vermittelt. Man wächst aber auch dort hinein, wie mein fünfter Rang auf dem Nürburgring kürzlich wieder unterstrichen hat. Ich hoffe, bis zum Finale in Hockenheim einige weitere gute Ergebnisse einfahren zu können. Ihr werdet – davon bin ich überzeugt – mir bestimmt die Daumen drücken!

Euer

Martin Tomczyk
Team Abt Sportsline Junior

Aufgezeichnet von Carsten Krome Netzwerkeins, Großer Preis der Tourenwagen, Nürburgring, 26. August 2002