3.746 ccm Hubraum, 300 PS, 1.270 Kilogramm mit vollem Benzintank, 1.014 von Mai 95 bis Juli 96 ausgelieferte Exemplare: aus heutiger Sicht ist es erstaunlich, dass der dritte und gleichzeitig letzte Porsche Carrera RS mit einem Kühlgebläse-Lüfterrad zu seiner Zeit den Vorgängermodellen das Wasser anscheinend nicht reichen konnte. Was Puristen damals bemängelten, machte ihn gerade für Normalbegabte interessant. Denn der sportlichste aller 993 gebärdete sich weniger eigenwillig: Multilenker-Hinterachse, Spoilerwerk, mehr Spurweite, Hubraum und Drehmoment ergaben ein stimmiges, ein ausgereiftes Gesamtpaket.
Dem vorherigen Carrera RS eilte noch der Ruf voraus, nur für Könner am Limit beherrschbar zu sein: leicht, rauh und giftig war er, obendrein erfolgreich im Langstrecken-Rennsport. Im unmittelbaren Vergleich mit seinem Vorfahren auf 964-Grundlage legte der 993 um einen Zentner zu. Die Straßenversion verlangte gegenüber der noch kompromissloseren Cup-Ausführung schon ein paar Zugeständnisse, zum Beispiel eine Klimaanlage. Die Basis-Version des Carrera RS entstand in 787-facher Ausführung.
Der Unterschied zum 100 Kilogramm schwereren Serien-993 Carrera 2 Coupé ergab sich aus verschiedenen Aspekten: Aluminium-Fronthaube, dünnerer PVC-Unterbodenschutz, Kurbelfenster anstelle elektrischer Fensterheber, Wegfall der Rücksitze und einfachere Verkleidungen.
Von der Clubsport-Version – hier in Rot abgesetzt in der Halle eines Porsche-Liebhabers im münsterländischen Freckenhorst – sind nicht mehr als 227 Einheiten aufgelegt worden. Heute sind sie bei Sammlern in aller Welt begehrt.
Resonanzen aus dem Antriebsbereich dominieren das Klangbild des RS Clubsport. Es mahlt mechanisch, drängt selbst den Motor in den Hintergrund. Das Sechsgang-Getriebe verfügt über ein asymmetrisches Sperrdifferenzial. Im Grenzbereich erweist es sich als wertvoll. Traktion an der Hinterachse löst tendenziell ein Schieben über die Vorderräder aus. Mögliches Motto: Was die eine Achse verbessert, kann die andere schon einmal verschlechtern.
An allen vier Rädern sind Vierkolben-Festsattelgehäuse sowie innenbelüftete, gelochte Scheiben mit jeweils 322 Millimetern Durchmesser zu finden. Dies entspricht – abgesehen vom Kolbenmaß in den hinteren Sätteln – dem 993 Biturbo. Der spendet übrigens auch die Antriebswellen. Dem maximalen Drehmoment von 355 Newtonmetern bei 5.400/min sind sie jederzeit gewachsen. Die Höchstleistung von 300 PS erreicht der Sauger bei 6.500/min, die Schaltdrehzahl liegt um nochmals 500 Touren höher.
Bei 130 km/h beschränkt sich der Kraftstoffverbrauch auf bestenfalls elf Liter. Wird beherzter durchbeschleunigt, kann sich dieser Wert allzu leicht verdoppeln. Der Carrera RS fordert Disziplin, soll seine harmlose Seite zum Vorschein kommen. Dann ist er so narrensicher wie wirtschaftlich zu bedienen. Treiben Profis ihn an seine Grenzen, kommen Züge eines Rennpferdes zum Vorschein – erhöhte Schlagzahl, eindeutiges Potenzial. So ein Porsche wie ein großer Wein. Es dauerte, bis sein Wert von Kritikern anerkannt worden ist – späte Ehre gewissermaßen. Wer sich heute für einen Carrera RS der Generation 993 begeistert, braucht Geld und Geduld. Schadenfreie Originale sind rar geworden. Manchen Erstbesitzern ging im Laufe der frühen Jahre eben doch einmal die Straße aus.
Produktion: autoquartett tv, Marc Freye
Redaktion: netzwerkeins GmbH, Petra Pollmann, Carsten Krome
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