Berg-Fest beim 45. AvD-Oldtimer-Grand-Prix auf dem Nürburgring: Wie zwei kreative Köpfe einen selten gesehenen BMW M3 E30 Sport Evolution aus der DTM 1991 aufleben ließen.

DTM-1991-Tauber-BMW-M3-E30-Allen-Berg-Tic-Tac-Folierungs-Projekt-Christian-Benner-AvD-Oldtimer-Grand-Prix-2017-Nürburgring-4291

© Carsten Krome Netzwerkeins

„Man unterschätzt den Aufwand allzu leicht“. Das sagen zwei kreative Köpfe der Folierer-Szene – mehr Künstler als Handwerker. Robin Bös und Christian Benner griffen die Legende des ‚TicTac‘-BMW M3 E30 Sport Evolution in der DTM 1991 gekonnt auf. Ein bestenfalls mittelprächtig erhaltenes Show-Fahrzeug aus Altbeständen des Wermelskirchener Ex-Rennfahrers und Rennstallbesitzers Udo Schneider verwandelten sie in ein authentisches Statement Car. Davon können Enthusiasten des Tourenwagen-Rennsports gleichsam profitieren, wie „Anstifter” Carsten Krome zu berichten weiß.

Erinnern Sie sich noch an Allen Berg? Der Kanadier aus Vancouver, geboren am 1. August 1961, verbrachte als 25-jähriger eine Saison im Hexenkessel der Formel 1. 1986 war das, doch über einen zwölften Platz im Italo-Rennstall von Enzo Osella kam er nicht hinaus. Ein halbes Jahrzehnt später sollte es besser für ihn laufen: Berg, inzwischen an der Schwelle zu seinen Dreißigern, orientierte sich in Richtung Tourenwagen. Für ihn war die DTM genau der richtige Schauplatz, um auf sein Talent aufmerksam zu machen. Da die Plätze in den hoch dotierten Werkswagen allesamt besetzt waren, suchte Allen Berg beim Obermichelbacher Privatteam der Eheleute Günther und Elfriede Tauber Unterschlupf. Eigentlich war Langstreckenpokal-Spezialist Michael Ickenstein dort unter Vertrag, doch bereits nach dem DTM-Saisonauftakt 1991 übernahm Franz Dufter aus der Wildschönau das Cockpit. Der Urbayer wiederum übergab das Steuerrad vor dem Eifelrennen Nürburgring am 21. April 1991 an Allen Berg, der die Startnummer 43 bis zum Jahresende behielt. Ein achter Platz auf dem Stadtkurs von Singen am Hohentwiel am 15. September 1991 blieb das beste Einzelergebnis, in der Tabelle bescherte ihm das immerhin drei Meisterschaftspunkte.

Zu den Auffälligkeiten des Tauber-BMW M3 Sport Evolution gehörte das Sponsor-Design: Der Ferrero-Konzern war nach dem Engagement im SAT1-Supercup mit dem Nürnberger Jochen Dauer und dessen Porsche 962C als Geldgeber in die DTM gekommen. Der ‚TicTac‘-Look des Porsche war in all seiner Kleinteiligkeit auf den BMW übertragen worden, bis heute gilt er neben dem MM-Diebels-M3 als einer der schönsten in der Geschichte der Tourenwagen-Bundesliga. Das Original-Fahrzeug, lange Zeit im Besitz von Achim Heinrich aus der Eifel-Gemeinde Simmerath, ging später in den Fundus des österreichischen BMW-Ingenieurs Christoph Schausberger über. Der Projektleiter des 1998 bei den 24 Stunden von Le Mans mit Hans-Joachim ‚Strietzel‘ Stuck als Teamleader eingesetzten BMW V12 LMR fuhr einige Rennen damit, meist in seiner (Wahl-)Heimat.Zwei kreative Köpfe aus der Folierer-Szene – mehr Künstler als Handwerker – griffen die Legende des ‚TicTac‘-M3 gekonnt auf: Robin Bös und Christian Benner. rennsport revue gab dazu nicht nur den Impuls, sondern stellte im Fahrerlager des 45. AvD-Oldtimer-Grand-Prix auf dem Nürburgring in Zusammenarbeit mit dem AvD eine Ausstellungsfläche zur Verfügung.

Bös und Benner hatten sich darauf eingeschworen, ein bestenfalls mittelprächtig erhaltenes Show-Fahrzeug aus Altbeständen des Wermelskirchener Ex-Rennfahrers und -Teambesitzers Udo Schneider in ein DTM-Replikat, ein Statement Car, zu verwandeln. Dass sie zunächst 100 Arbeitsstunden investieren mussten in das Recherchieren und Vorbereiten der Karosserie nach mehr als zwei Jahrzehnten Standzeit und dem Anfertigen des Beschriftungssatzes, nahmen sie als Herausforderung in Kauf. Von vornherein wollten sie ein möglichst kleinteiliges Sponsoren-Design umsetzen. Nach Recherchen, die rennsport revue aktiv unterstützte, fiel der Beschluss, Allen Bergs ‚TicTac‘-BMW M3 Sport Evolution in handwerklich verarbeiteter Spezialfolie zu realisieren. Schließlich nahmen Robin Bös und Christian Benner das Basisfahrzeug in Empfang. Es zitierte zu diesem Zeitpunkt den Siegerwagen des 24-Stunden-Rennens von Spa-Francorchamps im Jahre 1990, Hauptgeldgeber war damals die Tankstellenkette Fina. Die Beschriftung des einstigen Show-Fahrzeuges war teilweise in Klebefolie verwirklicht, teilweise war auch lackiert worden. Genau darin lag das Problem: Es mussten zunächst homogene, reinweiße Flächen geschaffen werden wie bei einer Leinwand, um eine geeignete Grundlage für das historische ‚TicTac‘-Design zu erhalten.

Christian Benner, niedergelassen in Wörrstadt, berichtet: „Wir setzten all unsere Kompetenz ein. Aufgrund der Hinterschneidungen der Stoßstangen beim BMW M3 E30 erwies sich das Vollfolieren als eine sehr komplexe Aufgabe. Arbeitstechniken wie das Tiefziehen der Folie konnten wir nicht einsetzen. Stattdessen arbeiteten wir mit der Verlegetechnik. Dabei wird das Material spannungsfrei verlegt, um optimale Haftung zu gewährleisten und ein späteres Zurückziehen der Folie zu vermeiden. Zum Einsatz kam während dieses Stadiums eine SK-Hochleistungs-Folie aus dem Car-Wrapping-Bereich.“ Drei Tage nahm die vollständige Folierung in Anspruch, die letztlich nur der Vorbereitung auf das Wesentliche – die Verwandlung in den ‚TicTac‘-M3 – diente. Erst am Montag vor dem AvD-Oldtimer-Grand-Prix erstrahlte das zweitürige Gehäuse in gleichmäßigem Weiß – und die Zeit lief unbarmherzig weiter, denn am Freitag sollte am Nürburgring angeliefert werden. Begleitend waren alle verfügbaren Quellen ausgewertet worden, um die Original-Beschriftung so genau wie möglich zu rekonstruieren.

„Man unterschätzt den Aufwand allzu leicht“, beschreibt Robin Bös die Situation. Bös, der seit 1996 im Geschäft ist und insbesondere als Dienstleister großer Porsche-Rennställe einiges an Erfahrung gesammelt hat, gibt sein Wissen seit annähernd 20 Jahren in Seminaren weiter. „Aus dem Archiv rennsport revue, verschiedenen Foren sowie Modellbau-Seiten stand uns zwar ausreichend Bildmaterial zur Verfügung“, berichtet Robin Bös weiter, „wir stellten jedoch fest, dass die Vorlagen oft voneinander abweichen. Wir mussten ganz genau hinschauen. Unter dem Einsatz von Lineal, Lupe und Dreisatz legten wir das komplette Design, die Größen der Sponsoren-Logos sowie deren Positionen auf dem Fahrzeug am Computer fest. Das Recherchieren erwies sich als immens aufwändig, da ein Teil der Firmen aus den Neunzigern nicht mehr existiert oder die Logos im Laufe der Zeit modernisiert worden sind. Zwangsläufig griffen wir auf die klassischen Grundlagen des Grafikdesigns zurück und zeichneten oder digitalisierten das eine oder andere Markenzeichen nach.

“Nun mussten nur noch die passenden Farben und Folien festgelegt werden: Die Produktion des Beschriftungssatzes konnte beginnen. Alle Formen des Rapports, der Verlauf der goldenen Linie und alle anderen Elemente, die nicht digitalisiert werden konnten, sind von Hand auf dem Fahrzeug mit Hilfe von Linienbändern oder Schablonen unter Zuhilfenahme des Layouts erstellt und dann frei von Hand geschnitten worden – das Ergebnis verschlug selbst früheren Mitgliedern des Tauber-Teams die Sprache. Sie hielten die Nachfertigung für das Original – ein Blick in das Wageninnere stellte freilich den Unterschied zum DTM-Original mit Schweißzelle heraus. Ab Freitag konnte das Prachtstück tatsächlich im Fahrerlager des Nürburgrings bestaunt werden. BMW-Rennsport-Heroen wie Ex-Werksfahrer Armin Hahne, Erich Schiebler oder Holger Boemanns schauten am Ausstellungsstand der Medienmarke rennsport revue vorbei. Überhaupt, Holger Boemanns: Der stellte spontan seine Betriebshalle im Nürburgring-nahen Müllenbach zur Verfügung, während es draußen Bindfäden regnete.

So rückte ins Bild, was den Freunden des historischen Rennsports mit BMW-Fahrzeugen seitdem zugänglich ist: ein absolut originalgetreu umgesetzter DTM-Look, der an die „Geile Zeit“ der ersten Tourenwagen-Bundesliga erinnerte. In Zusammenarbeit mit dem Archiv rennsport revue kann von Robin Bös und Christian Benner praktisch jedes damalige Design zu hundert Prozent authentisch rekonstruiert werden.

Verantwortlich für den Inhalt: Carsten Krome Netzwerkeins

7.292 Zeichen (mit Leerzeichen und Zeilenumbrüchen)

Direkter Link zur Website von Benner Folie und Design: http://www.folieunddesign.de

Direkte Links zu den Websites von Robin Bös: http://www.robinboes.com

http://allesfolie.com

rennsport revue®: established October '87Weiterlesen? Gerne, hier: 

https://www.netzwerkeins.com/2019/04/18/eswirdlegendaer-schon-ab-karsamstag-im-zeitschriftenhandel-rennsport-revue-legenden-leben-002/