Eine Kämpfernatur: Manfred Winkelhock wurde nur 33 Jahre alt.

War es eine Kerbe im Asphalt, die dem rechten Vorderrad eine kleine Delle zufügte und allmählich Luft aus dem Reifen entweichen ließ? War es eine winzige Fertigungstoleranz im Zusammenspiel von Felgenhorn und Pneu? Oder war es sogar ein Blackout des zu diesem Zeitpunkt 33-jährigen Profi-Rennfahrers? Auch 38 Jahre später umgibt ein Mysterium den tragischen Unfall des Schwaben Manfred Winkelhock. Der Todessturz des Porsche-Piloten ereignete sich im kanadischen Mosport, einer Berg- und Talbahn unweit Torontos. Die Formel 1 machte bereits seit acht Jahren einen Bogen um den überalterten Kurs, als am 11. August 1985 gegen zwölf Uhr Ortszeit der sechste Lauf zur Endurance-Weltmeisterschaft startete. Mitfavorit Winkelhock teilte sich das Cockpit des Kremer-962C (Chassis 962.110) mit seinem Schweizer Freund Marc Surer aus Arisdorf, wie er selbst ein damals aktueller Grand-Prix-Starter.

Das Duo nahm das Rennen an vierter Stelle auf. Die Berufspiloten lernten sich 1977 im BMW-Junior-Team schätzen. Zusammen mit dem Italo-Amerikaner Eddie Cheever sorgten sie als legendäre “Wilde Reiter GmbH” in der Deutschen Automobil-Rennsportmeisterschaft für Jadgszenen. 1982 trafen sich Manfred Winkelhock und Marc Surer als Ford-Werksfahrer in der neu installierten Gruppe C wieder. Doch der C 100 erwies sich gegen den Porsche 956 als chancenlos, die totale Dominanz des Weissacher Sportmodells war die Folge. Das war auch noch der Fall, als aus dem 956 der 962C hervorging, dessen Pedalerie hinter der Vorderachse angeordnet sein musste. Das Reglement forderte es so – aus Sicherheitsgründen. Doch während sich in der Formel 1 der Werkstoff Kohlefaser durchsetzte, begnügte sich die Gruppe C noch immer mit genieteten, technisch überholten Monocoques aus Aluminium-Blechen.

Aus dieser Konstellation – und Sicherheitsstandards der einstigen Grand-Prix-Strecke bestenfalls auf dem Stand der frühen siebziger Jahre – ergab sich eine tödliche Falle. Zwei Stunden nach der Freigabe des 1.000-Kilometer-Rennens von Mosport schnappte sie zu. Manfred Winkelhock raste in “Turn 2”, einer abfallenden Linkskurve, seitwärts in eine Begrenzungsmauer. Die Rettungsaktion verlief katastrophal. Manfred Winkelhock fiel ins Koma und verstarb einen Tag später, ohne sein Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Bei rund 200 km/h Restgeschwindigkeit beim Einschlag hatte der 33-Jährige keine wirkliche Überlebenschance. Zurück in Köln, ließ Kremer Racing das Wrack des 1985 im Werk neu bestellten 962C vom TÜV Rheinland untersuchen. Das Ergebnis: keine Hinweise auf einen technischen Defekt als Unfallursache. Zehn Tage nach der Tragödie bezog Kremer vom Porsche-Kundensport das Ersatz-Fahrgestell 962.114. Beim Bilstein-Supersprint am 22. September 1985 auf dem Nürburgring feierte es mit dem tapferen Marc Surer am Volant einen soliden Einstand mit Platz eins im Training und Rang zwei hinter Le-Mans-Sieger Paolo Barilla im Rennen.

Doch auch für Marc Surer lief die Uhr rückwärts. Bei der Hessen-Rallye 1986 sollte seine Karriere einen tiefen Einschnitt erleiden: mit dem Ford RS 200 verunglückt, Beifahrer und Freund Michel Wyder getötet. Surer überlebte und trat vom aktiven Motorsport zurück. Stefan Bellof und Jo Gartner hatten dieses Glück nicht. Der eine ließ am 1. September 1985 in Spa-Francorchamps sein Leben, der andere am 1. Juni 1986 bei den 24 Stunden von Le Mans. Es war eine schwarze Serie, die bis 1988 anhielt. Die spektakuläre Kollision der Porsche-Werksfahrer Hans-Joachim Stuck und Jochen Mass 1986 auf dem Nürburgring oder Kris Nissens füchterlicher Feuerunfall in Fuji am 22. Juli 1988 ließen die Szene einfach nicht zur Ruhe kommen.

Am Anfang dieser dramatischen Zeit stand jedoch das jähe Ende des Manfred “Bibi” Winkelhock. Lange haben Experten gerätselt, was dem gelernten Automechaniker auf der Rumpelpiste im fernen Kanada zum Verhängnis wurde: War es eine Kerbe im Asphalt, die dem rechten Vorderrad eine kleine Delle zufügte und allmählich Luft aus dem Reifen entweichen ließ? War es eine winzige Fertigungstoleranz im Zusammenspiel von Felgenhorn und Pneu? Oder war es sogar ein Blackout des zu diesem Zeitpunkt 33-jährigen Profi-Rennfahrers? Der wahre Auslöser der Tragödie mag winzig klein gewesen sein, seine Auswirkung jedoch war fatal.

Verantwortlich für den Inhalt: Carsten Krome, netzwerkeins GmbH

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