„Power and emotion“ – ein Credo, das 2001 nicht übersetzt werden musste. Es stand für eine innovative Profi-Rennserie. Ihr Name ist in die Geschichte eingegangen: V8STAR. Mit einheitlichen, 495 PS starken V8-Motoren, Rohrrahmen-Chassis und Kunststoff-Karosserien war echter, harter Spitzensport auch ohne Werksbeteiligung geboten. Die Schlüsselperson: der Essener Rennfahrer Altfrid Heger, geboren am 24. Januar 1958. Das nachfolgende Lesestück entstand größtenteils 2002, während der zweiten Saison der V8STAR. Die damalige Pionierleistung bereitete den Boden für den 2005 installierten Porsche Sports Cup, für den der beliebte Rennserien-Organisator seit nunmehr zwei Jahrzehnten verantwortlich zeichnet – Hommage zum Geburtstag eines schrecklich netten Vertreters seiner Zunft.

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© BMW Press Club

Manchmal braucht der Mensch ein bisschen Glück. Oder eine Fernseh-Übertragung. Oder beides. Denn als die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) 1988 zum ersten Mal für mehr als 45 Minuten formatfüllend über die Mattscheiben der Nation flimmerte, fuhr ein ursprünglich zum Baumschulisten, auf gut Deutsch: zum Gärtner ausgebildeter Essener souverän voraus. Sein Name: Altfrid Heger, gerade einmal 30-jähriger BMW-Werkspilot am Steuer eines M3 der Baureihe E30. Ort der Handlung: Der Flugplatzkurs von Mainz-Finthen, gerade mal einen Steinwurf entfernt von den Fernsehstudios des ZDF. Der Solist an der Spitze der neuen Tourenwagen-Bundesliga war fortan ein Star, in aller Munde. Man erkannte ihn draußen auf der Straße. Und darauf ließ sich eine solide Karriere aufbauen: Altfrid Heger etablierte sich bis 1992 einschließlich als BMW-Vertragsfahrer, bevor ihn vier weitere Tourenwagen-Hersteller beriefen. Als Gesamtsieger des 24-Stunden-Rennens auf dem Nürburgring auf dem Porsche 911 GT3 R der ersten Generation 996 ließ er seine Berufsfahrer-Karriere Ende 2000 allmählich ausklingen.

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Altfrid Hegers neue Perspektive: eine Silhouetten-Rennserie nach US-amerikanischem NASCAR-Vorbild. Das Grundprinzip: keine Werksteams mit Millionenbudgets, sondern privat finanzierte Profi-Rennställe. Hegers radikales Konzept: einheitliche Gitterrohrrahmen-Fahrgestelle, identische Achtzylinder-Triebwerke des NASCAR-Tuners Jack Roush – und wahlweise zur Verfügung stehende Karosserie-Silhouetten. Heger taufte das Ganze V8STAR, gewann langjährige Förderer als Partner und legte begeistert los. „Wir bieten spektakulären Rennsport zum Anfassen“, sagte er einmal, „mit PS-starken Boliden und tollem Sound. Bei uns sitzen die Fans dort, wo sie Gummi, Benzin und Rennfahrerschweiß riechen können!“ Altfrid Hegers allergrößte Hürde: Für die Nutzung der viertürigen Außenhäute war die Freigabe der jeweiligen Auto-Hersteller erforderlich. Hinter den Kulissen ging es zur Sache. Wann immer ein allzu strenger Markenschützer auf den Plan trat, zauberte Altfrid Heger einen neuen Sparringspartner herbei. So verfehlte auch die Einbindung der einstigen Ford-Leute Lothar Pinske und Klaus Ammerschläger ihre Wirkung nicht. Nach der Premierensaison 2001 kam das Okay für eine Interpretation des damaligen Ford Mondeo, und auch der VW Passat war 2002 mit von der Partie – das sorgte noch einmal für innenpolitische Turbulenzen.

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Schade eigentlich, dass nach der Saison 2003 Schluss war für die von Zakspeed Racing und deren Tochterfirma Nitec im Lohnauftrag gebauten V8STAR-Boliden – eine Partnerschaft, die später auch nicht ganz ohne Friktion verlief. Dabei gilt ausgerechnet Altfrid Heger seit jeher als die Fairness in Person, als ein Charakter mit ausgeprägter Beobachtungsgabe, der nichts so sehr verachtet wie Ungerechtigkeit oder Selbstherrlichkeit. Ihm blieb das Glück weiterhin treu. Schon 2005 konnte er die bestehenden Strukturen in die Organisation des Porsche Sports Cup überführen. Gut möglich, dass ihm die eigene Porsche-Identität dabei zu Hilfe kam. So trat er bei den 24 Stunden von Le Mans 1984 als Zweiter seiner Klasse und als Gesamt-16. auf einem Porsche 930 turbo 3.3 der Gruppe B erstmals international in Erscheinung. 1993 setzte er sich in einem beinhart geführten Zweikampf mit Uwe Alzen im Porsche Pirelli Supercup durch. Auf dem Hockenheimring sicherte er sich den erstmals auf europäischer Ebene ausgetragenen Markenpokal. Und nun leitet er im Jubiläumsjahr das erfolgreichste Breitensport-Format im Porsche-Segment, und er tut dies auf eine ihm eigene, überaus authentische Art und Weise.

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Seine Sternstunde 1988 auf dem Flugplatz von Mainz-Finthen, wo schon lange keine Autorennen mehr gefahren werden dürfen, sie ist kein Einzelfall geblieben. Der bekennende Hausmannskost-Liebhaber aus Essen ist sich stets treu geblieben, und das macht ihn wohl am meisten aus. Heute, am 24. Januar 2024, feiert Altfrid Heger 66. Geburtstag. Und denkt noch lange nicht daran, die feuerfesten Handschuhe für alle Zeiten beiseite zu legen. Erst vor wenigen Monaten, im Oktober 2023, sicherte er sich drei Jahrzehnte nach dem Gewinn des Porsche Pirelli  Supercups 1993 einen weiteren Meistertitel. Mit einem Porsche 911 GT3 Cup der Generation 996.2 gewann er das Format “Tourenwagen Classic”. Noch immer hat er dieses Faible für die harten, ehrlichen Markenpokal-Renner aus Weissach. Er hat sogar seine Fahrweise an die Verhältnisse im historischen Metier angepasst. “Du darfst halt nicht unter Volllast über die Randsteine fahren so wie früher im Cup, als es noch um Zehntelsekunden ging und die Antriebswellen regelmäßig erneuert werden mussten. Wir sind damals ja auch stehend gestartet. Heute stellst Du vor der Schikane schön das Lenkrad gerade, gehst vom Gas und lässt sauber rollen”, reflektiert er. Und fügt, da ist er ganz der Racer vom alten Schlag geblieben, hinzu: “Vorher solltest Dich allerdings im Rückspiegel vergewissert haben, ob Du Deine Verfolger schon weit genug hinter Dir gelassen hast – sonst geht das natürlich nicht.”

Verantwortlich für den Inhalt: Carsten Krome Netzwerkeins

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