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© Carsten Krome Netzwerkeins

Sehr plötzlich, sehr unerwartet: Mit Ernst Stauber (78) verliert nicht nur die werk1-Redaktion einen treuen Freund und Herzensmenschen der ersten Stunde. Kurz nachdem der damals 56-jährige Glasbau-Techniker aus dem Grazer Umland am 1. Mai 2002 in den Porsche Club Steiermark eingetreten war, ergab sich im Sommer desselben Jahren auf dem Lausitzring eine unerwartete Begegnung – bei einem US-Car-Festival der Zeitschrift “Chrom & Flammen”. Daraus entstand nicht nur eine jahrzehntelange Verbindung, sondern auch eine bis heute währende (Ehren-)Mitgliedschaft im Porsche Club Steiermark, zu deren langjährigen Präsidenten Helmut Heuberger, zu Barbara Wachtler, zu Franz Prassl und anderen. Dass der Gründervater dieser Achse in die Alpenrepublik, die alljährlich beim Treffen der Freunde von Porschefahrzeugen im Kurpark von Bad Füssing fröhliche Urstände feierte, nun so plötzlich und unerwartet – wohlgemerkt an einem 9.11. – verstorben ist, ist so schmerzlich wie kürzlich der Verlust von Ingo Rübener, dem Erfinder des Clubdays der Porschefreunde auf der Trabrennbahn Dinslaken – der ebenfalls am 1. Mai 2002 den Grundstein zu seinem Lebenswerk legte. Just zu dieser Zeit entstand über Ernst Stauber folgendes Portrait, hier noch einmal im Wortlaut wiedergegeben:

(Verfasst im August 2002 am Lausitzring, Originalzitat): “56 Lebensjahre musste Ernst Stauber auf seinen ersten Porsche warten. Doch dann entschied er binnen zweier Tage und Nächte zugunsten eines Carrera 964 WTL Speedster. Gesehen hatte er das indischrote Traumcabriolet während seiner Arbeit. Ohne Kennzeichen parkte es in Sichtweite einer Baustelle. Kein dubioser Verkaufstrick, sondern Auftakt einer dauerhaften Beziehung. Inzwischen zählt der Novize im Lager der Zuffenhausener zu den Aktivposten des Porsche Club Steiermark.

Und das alles nur aus Leidenschaft

Was Ernst Stauber anpackt, unternimmt er stets mit ganzem Einsatz. Zuhause im österreichischen Graz hält der Glasbau-Techniker zwölf Huskies. Er setzt sie semiprofessionell als Schlittenhunde ein. Vor acht Jahren trug ihn sein Achtspänner zum Weltmeistertitel. Seitdem kennt man den agilen Steirer selbst im hintersten Winkel seiner Heimat. Wohl auch, weil Kapriolen Staubers Sport ausmachen. Mit glänzenden Augen erzählt der Vollbärtige von durchgegangenen Leithunden, glimpflich verlaufenen So-Gut-Wie-Desastern und einer wahnsinnig lieben, toleranten Gattin. Sorglos vertraut sie ihrem Schlitten-Mann die gemeinsame, erwachsen gewordene Tochter an. Bereits im Vorschulalter erklomm Katja Stauber tief verschneite Alpenpässe, angetrieben von Vaters Vierbeinern.

Seit dem Sommer 2002 sind die Staubers um ein Wahrzeichen reicher. Mit 56 Lenzen legte sich das Familienoberhaupt einen turbobreiten Carrera 964 Speedster zu. Gesehen hatte er das Traumcoupé mit der charakteristischen Winschutzscheibe an einer seiner Baustellen. Ohne Kennzeichen parkte es dort. Ernst Stauber dachte: ”Was nicht zugelassen ist, hat auch keinen Besitzer!” Mit seiner Einschätzung lag er richtig. Die spontan aufgenommene Spurensuche führte ihn zum Grazer Ex-Rennfahrer und Sportwagenhändler Josef “Seppi” Seidler. Der berichtete von einem deutschen Vorbesitzer aus Limburg an der Lahn. Rechtsanwalt sei er gewesen und allergisch gegen Zugluft. Ernst Stauber sah sich bei der Sportlerehre gepackt. Berauschende Fahrten bei klirrender Kälte können ihm nichts anhaben, dem Weltmeister!

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Glockenhuette-Nockalmstraße-Nockberge-Bundesland-Kaernten-AustriaWas blieb, war die Frage nach dem Geld. Zwei Tage lang fieberte er, addierte die Kontostände seiner Sparbücher herauf und wieder herunter. Die Summe reichte zwar aus, aber sollte er den Sprung wirklich wagen? Der junge Ausreißer, der zwölf Jahre lang im kanadischen Exil gelebt hatte, war er nicht mehr. Die Verantwortung für Haus, Hof und Hundezwinger drückt bisweilen. Doch die Leidenschaft für offene Cockpits übernahm die Regie. Zum zweiten Mal trotzte Ernst Stauber seiner Angetrauten ihr Ja-Wort ab und war Besitzer eines Porsche. Er hatte ein Exemplar von eher steigendem als bleibendem Wert ergattert – 1992 erlebte der 911 Speedster auf dem Pariser Autosalon eine letzte Neuauflage. Zunächst waren ausschließlich schmal gehaltene Cabrio-Karosserien als Rückgrat vorgesehen gewesen.

Kundenproteste führten im Sommer 1993 zu einer Richtungsänderung. Frischluftfeeling war nun auch im breiteren Blechmantel zu erstehen. 930 Einheiten verließen die Produktion. Bis zur Frankfurter IAA im September desselben Jahres erreichten sie den Adelsstand des historisch Wertvollen. Die kommende Carrera-Generation kündigte sich an und mit ihr eine anfangs noch inoffizielle Zahlenfolge: 993. Rufe nach einem Speedster waren natürlich auch zu vernehmen. Porsches Marktstrategen gingen jedoch von mehr oder weniger unbedeutenden Absatzzahlen aus. Nischenmodelle zu exorbitanten Fertigungskosten gerieten in der anbrechenden Ära Wiedeking auf die Streichliste. Der neue Boxster lauerte bereits im Startblock. Kapazitäten mussten freigeräumt werden, Not und Nachfrage gehorchend gar bei Valmet im fernen Finnland.

Wer alte Zöpfe abzuschneiden gedenkt, benötigt breite Besen – basta! Ernst Stauber brachte Porsches Neuausrichtung in den Neunzigern eine Rarität ein. Sein indischroter Renner erlebte seinen Stapellauf als einer der letzten. Die Folge: Hat Petrus seine Schleusen ohne Vorwarnung geöffnet, ledert er den Originallack sofort ab. Stumpf soll der Anstrich unter keinen Umständen werden, sondern seine Leuchtkraft bewahren. Dasselbe gilt für die wuchtig wirkenden OZ-Fittipaldi-Dreiteiler mit Dunlop SP 9000. Der ungewöhnliche Größenmix: 245/40-ZR17 vorn, 255/40-ZR17 hinten. Möglich, dass sie demnächst Platz schaffen für Cup-Felgen. “Die fehlen noch zu meinem Glück!”, seufzt der ewig Rastlose und sinniert: “Wenn sie nur nicht so teuer wären. Bei uns in Österreich sind pro Rad rund 10.000 Schilling zu berappen.”

Mit etwas Geduld wird eine probate Lösung nicht bis ans Ende aller Tage auf sich warten lassen. Die Mitgliedschaft im Porsche Club Steiermark schadet ebensowenig. Gute Beziehungen sind unverzichtbar, in welcher Disziplin auch immer. Ernst Stauber pflegt sie auf seine Weise. Als Sympathieträger der Steiermark bereist er ganz Europa. Mit Speedster, Lederkappe und der für ihre jungen Jahre reichlich unerschrockenen Tochter Katja. Kürzlich erst sind sie am Eurospeedway Lausitz gesichtet worden – inmitten eines Treffens für Straßenkreuzer aus Amerika. “Wo ich mich wohlfühle”, formuliert der Mittfünfziger, “da bin ich zuhause!” Also auch zwischen einer Horde Lowrider-Freaks, die ihre Schlitten hüpfen lassen wie Tanzbären.

Ernst Stauber kommt ohne deren Zaubertrank und Techno-Gimmicks aus. Seine Antriebskraft liegt tiefer. Man könnte sie auf einen einzelnen Terminus reduzieren: Leidenschaft.”

Text und Fotos: Carsten Krome

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© Carsten Krome Netzwerkeins

tech data, Typ: Carrera 964 WTL Speedster 1993

Karosserie: Stahlblech, offene Karosserie, Original-Speedster-Windschutzscheibe, in Wagenfarbe lackierte Doppelhutzen-Fondabdeckung aus Kunststoff zur Aufnahme des Planenverdecks, vorderer Stoßfänger einschließlich Aufsatz-Verbreiterungen sowie Spoiler-Flaps unten links und rechts, weiße Blinkergläser, Werks-Turbolook-Kotflügel und -Seitenwände, Außenspiegel Typ Carrera 964 Cup 1992, Originallackierung in Indischrot

Motor: luftgekühlter Aluminium-Sechszylinder-Boxer, zwei Ventile pro Zylinder, Ventiltrieb über Kipphebel, Steuerkette, Doppelzündung, permanent belüfteter Zündverteiler, geregelter Dreiwege-Katalysator, elektronische Einspritzung und Zündanlage Typ Bosch Motronic 2.1

Hubraum: 3.600 ccm

Motorleistung: 250 PS bei 6.100 1/min

Getriebe: Viergang-Automatikgetriebe Typ Tiptronic

Bremsanlage: hydraulisch betätigte Aluminium-Vierkolben-Bremssättel, innenbelüftete Scheiben, Bosch-ABS

Fahrwerk: McPherson-Stoßdämpferbeine, Schraubenfedern, Stabilisatoren an Vorder- und Hinterachse

Räder: Dunlop SP 9000 (245/40-ZR17 vorn und 255/40-ZR17 hinten) auf dreiteiligen OZ-Felgen Typ Fittipaldi (9 x 17 vorn und 10 x 17 hinten)

Cockpit: Original-Airbag-Lenkrad, lederbezogene Recaro-Sportsitze mit lackierten Rückenschalen, rote Sicherheitsgurte, roter Schaltknauf, roter Armaturenträger, Türverkleidungen mit roten Textilschlaufen

Gewicht: 1.380 kg

Höchstgeschwindigkeit: 256 km/h

Laufleistung: 55.000 Gesamtkilometer

Neupreis: 131.500 DM (Frühjahr 1993)

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Zur Webseite des Porsche Clubs Steiermark:

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