Veröffentlicht am: 30. Nov. 2020 um 09:11 Uhr

© Carsten Krome Netzwerkeins

Sie kennen das – aus den Zeiten vor Corona noch viel mehr: Sie planen einen Trackday auf einer Rennstrecke oder sogar die Teilnahme an einer Rennsport-Veranstaltung, eine Clubausfahrt mit Gleichgesinnten oder den Antrittsbesuch bei einem Restaurateur – aber wo wollen Sie übernachten? Sportwagen-Enthusiasten wissen um das Dilemma, insbesondere rund um den Hockenheimring. Denn der liegt inmitten eines Ballungsraumes, umgeben von Großstädten wie Mannheim, Ludwigshafen, Heidelberg oder Bruchsal.

Heiner Botz, keine 15 Autominuten vom badischen Motodrom entfernt in Ubstadt-Weiher ansässig, fasste vor fünf Jahren den kühnen Plan, Abhilfe zu schaffen. Auf dem Gelände seines weithin bekannten Handelsunternehmens konzipierte er von 2015 an ein eigenes Hotel. 2019 hat es eröffnet, ohne großes Getöse. Und auf welchen Namen taufte der altgediente Porsche-Rennfahrer sein Lebenswerk? Carsten Krome hat es vor Ort herausgefunden und sich in einem mehr als besonderen Gebäude umgesehen.

elferpool – das kennt man. Vor gut 25 Jahren gründete Heinrich oder auch Heiner Botz in Ubstadt-Weiher einen Sportwagenhandel. Für ihn war es der zweite Karriereabschnitt nach erfolgreichen Jahren in der Lebensmittelbranche. Privat hatte er sich schon immer für den Porsche 911 begeistern können, also machte er seine Leidenschaft zum Beruf und betrieb fortan einen Handel mit dem schönsten Automobil der Welt. Rennen fuhr er auch, natürlich auf dem nahegelegenen Hockenheimring. Nach Lehrjahren auf verschiedenen Alfa Romeo trieb es ihn schließlich zum Fabrikat seiner Wahl, einen Porsche. In Siggi Hafners Porsche Classic Car Trophy trat er ebenso in Erscheinung wie in Heinz Webers PCHC, der Porsche Club Historic Challenge des Württembergischen Porsche Clubs. Und so ergab es sich, dass er nicht nur Walter Röhrl in seinem Geschäft begrüßte, sondern auch mit Roland Asch seine Rennen fuhr – beides Berühmtheiten in der Welt des Sports mit Fahrzeugen aus Zuffenhausen. Mit Erreichen der 65 Lebensjahre hätte er sich nach zuvor überstandener Krankheit eigentlich zur Ruhe setzen und mit seiner Magda auf einen Williams Christ anstoßen können. Doch der stets Umtriebige startete noch einmal durch und konzipierte von 2015 ein Hotel – und zwar genau dort, wo er mehr als zwei Jahrzehnte lang die automobilen Träume eines naturgemäß gehobenen Publikums erfüllt hatte und übrigens noch immer erfüllt. Er studierte die vielen Menschen, die ihm in Verkaufsgesprächen gegenübersaßen, lernte, ihre Vorstellungen und Ansprüche zu lesen. Seine Konsequenz: ein überaus besonderes Hotel – elferrooms.

Die Nähe zur Handelsmarke elferpool ist naheliegend, und das in jeder Beziehung: Alt- und Neubau liegen unmittelbar nebeneinander – und sie könnten kaum gegensätzlicher sein. Denn während der urige Zweckbau wie ein Relikt aus vergangenen Tagen dasteht, schlägt das 2019 eröffnete Hotel – elferrooms – eine Brücke in die Zukunft. Futuristisch sieht es aus, auf recht kleiner Grundfläche in die Höhe bauend, metallisch glänzend – ein mutiger Gegenentwurf zu allem, was Business-Reisende bisher gesehen und erlebt haben. Das Innere überrascht aber noch viel mehr: Hier geht es um Design, um Moderne, um offenen Beton, warme Holztöne, Blumenschmuck, … um kunterbunte Stuhlbeine. Zwölf Zimmer und ein Eventraum in luftiger Höhe stehen zur Verfügung, und in jedem der Zimmer grüßt von der Wand ein anderes, überwältigendes Fotomotiv: ein Porsche notabene, unverfälscht in Szene gesetzt – wie das gesamte Ambiente ohne Filter. Kann man sich in dieser Umgebung wohlfühlen? Oh ja, man kann! Frau vermutlich auch. Jedes der Zimmer ist mit einem innen liegenden Fensterplatz ausgestattet, der Kreativraum sein kann, Ausguck beim bewussten Blick ins Leere oder auch Leseecke. Jedenfalls ist der gut gemeinte (Warn-)Hinweis, ein Hotel sei ein Zuhause auf Zeit, nicht ganz unbegründet. Denn der Auszug aus dem mit sämtlichen Annehmlichkeiten unserer Zeit ausgestatteten Haus fällt in der Tat schwer. Und wer kunterbunte Fliesen im Bad mag, sollte um der Spätfolgen willen lieber gar nicht erst eintreten. Wer es dennoch tut, kann sich der gekachelten Farbenpracht kaum entziehen – ein Paradies für Menschen, die der irrigen Annahme sind, im Leben alles schon einmal gehabt zu haben – mindestens.

Im Parterre befindet sich der Gastronomiebereich mit großer Tafel. Bei Bedarf kann hier auch für Veranstaltungen eingedeckt werden. Der Großteil der Gäste wird sich freilich für ein  Frühstück in Bio-Qualität entscheiden und den (Renn-)Tag gut gestärkt angehen. Und wer tatsächlich ohne einen Porsche angereist ist, kann gleich vor der Tür einen ausleihen – oder bei Gefallen auch kaufen. Heiner Botz hält einen 986 Boxster als adäquate Mietsache bereit, der genauso silbern glänzt wie die Fassade seines zu Stein gewordenen Lebenswerks. Bloß sollte man damit keine Runden auf dem Hockenheimring drehen, dazu ist er nicht ausgelegt. Für alles andere gilt: Hier sind Sie richtig, sofern Sie Wert auf Stil und Menschlichkeit in gleichem Maße legen – und auf Benzingespräche in Kraichgauer Mundart, wenn denn der Chef im Hause ist. Denn auch mit inzwischen 70 Lenzen ist der noch immer sehr aktiv – im Handel und auf der Rennstrecke, selbstverständlich auf Porsche 911.

Verantwortlich für den Inhalt: Carsten Krome Netzwerkeins

Objektfotografie: Carsten Krome Netzwerkeins

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